Von den letzten Dingen
Tot ist, wer vergessen wird. Wen wir vergessen und an wen wir uns erinnern, ist aber nicht dem Zufall überlassen. Vielmehr sind Erinnern und Vergessen in ihre jeweiligen gesellschaftlichen Kontexte eingebunden.
Neben dem „Wem?“ des Erinnerns und Vergessens muss auch nach dem „Wie?“ gefragt werden. Dieses „Wie?“ stellen wir mit Symbolen, Schriftarten, Platzgestaltung, Dimensionierungen
und anderen künstlerisch-gestalterischen Ausdrucksweisen dar.
Dabei spielt neben dem gesellschaftlichen Kontext auch die politischideologische Grundhaltung von Kunst- und Architekturschaffenden sowie von Entscheidungsträger:innen
eine entscheidende Rolle – damit sind diese Artefakte des Erinnerns in ihrer Betrachtungsweise und ihrem Ausdruck aber auch wandelbar.
Die grundsätzlichen Fragen des „Wem?“ und „Wie?“ des Erinnerns
und Vergessens fassen wir unter dem Begriff „Erinnerungskultur“ zusammen, der heuer im Mittelpunkt der Kulturfesttage „von den letzten Dingen“ steht.
Der Rankweiler Liebfrauenberg bietet dazu vielfältige Anknüpfungspunkte, die wir im Programm aufgreifen. Zentraler
Bestandteil der Kulturfesttage ist heuer die Ausstellung
KRIEGER | DENK MAL | ANDERS, die sich mit Kriegerdenkmälern in Rankweil und Vorarlberg und insbesondere mit dem Mosaik von Martin Häusle auseinandersetzt. In verschiedenen Dialog-, Kulinarik und Musikformaten widmen wir uns auch dem Erinnern in anderen Kulturen und historischen Epochen und aktuellen geopolitischen Konflikten widmen.
KRIEGER | DENK MAL | ANDERS
Ausstellung zum Rankweiler Kriegerdenkmal
13.10.2024, 15:00 Uhr, Mesnerstüble
VERNISSAGE ZUR AUSSTELLUNG KRIEGER | DENK MAL | ANDERS
Das Mosaik von Martin Häusle aus dem Jahr 1953 an der Burgmauer der Basilika wird häufig übersehen oder nur beiläufig bemerkt. Örtlich eingebunden in die Gesamtgestaltung des Kriegerdenkmals von Hugo
Wank mit Altartisch, großem Kreuz und Mauer mit den in Stein gehauenen Namen der gefallenen Soldaten, unterscheidet sich das Mosaik inhaltlich jedoch diametral vom restlichen Kriegerdenkmal – und ebenso von den zahlreichen anderen Kriegerdenkmälern in Vorarlberg.
Dieser Tatsache widmet sich die diesjährige Ausstellung im Mesnerstüble. Im Gegensatz zu vielen anderen Kriegerdenkmälern
in Vorarlberg, die häufig die heroische Darstellung von Soldaten betonen, stellt Häusles Werk das Leid, die Opfer des Kriegs und die Trauer der Hinterbliebenen in den Mittelpunkt. Diese humanistische Perspektive hebt das Mosaik als einzigartiges Denkmal hervor, das dem Krieg mit einer tiefen Reflexion über Leben und Tod begegnet, anstatt kriegerische Heldentaten zu verherrlichen.
Die Ausstellung dokumentiert die Chronologie der Entstehung, von der Ausschreibung bis zur Umsetzung durch den Architekten Wank und den Künstler Häusle, und vergleicht das Mosaik gezielt mit vergleichbaren
Kriegerdenkmälern in Vorarlberg. Häusles Ansatz, der den Fokus auf die individuellen Schicksale der Kriegsopfer und Hinterbliebenen lenkt, steht hier im Kontrast zur damals üblichen militaristischen Symbolik.
Ergänzt wird die Ausstellung durch persönliche Erinnerungen und Zitate der Nachfahren des Künstlers, die Einblicke in seine Gedankenwelt und Arbeitsweise geben.
Das Rankweiler Kriegerdenkmal ist mittlerweile 71 Jahre alt. Es stellt sich nun die Frage, wie wir heute, inmitten von kriegerischen geopolitischen Konflikten, gedenken. Dieser Frage sind Jugendliche der offenen Jugendarbeit Rankweil nachgegangen und haben einen Raum mit ihren zeitgenössischen Interpretationen des Gedenkens gestaltet.
16.10.2024, 19:00 Uhr, Mesnerstüble
IM DIALOG MIT DER OFFENEN JUGENDARBEIT RANKWEIL
Über beinahe ein halbes Jahr haben sich 15 Jugendliche der offenen Jugendarbeit Rankweil mit dem Kriegergedenken und dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt.
Sie haben sich der Frage angenommen, wie wir heute mit diesen Themen umgehen könnten. Wie gedenken wir heute den Gefallen und Hinterbliebenen der Weltkriege? Wie gehen wir den aktuellen geo-politischen Konflikten um? Die Jugendlichen berichten an diesem Abend über ihre Erfahrungen und Ergebnisse.
20.10.2024, 12:00 Uhr, Mesnerstüble
INTERKULTURELLES TOTENMAHL
Das Totenmahl ist in allen Kulturen ein wichtiger Bestandteil des Abschiednehmens von Verstorbenen. Über ein Drei-Gang-Menü von Köchinnen aus verschiedenen Kulturkreisen erfahren wir, wie das gemeinsame Essen dort organisiert wird und stattfindet und wie in den jeweiligen Kulturen an die Verstorbenen gedacht wird.
Unsere Köchinnen an diesem Mittag sind:
- Huda kocht arabische Traubenblätter gefüllt mit Reis, Gemüse und Granatapfelsauce
- Olga & Tamara kochen zusammen ukrainische Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen sowie ukrainische Palatschinken süß & pikant
- Hüsne bereitet zum Abschluss ein türkisches Grießdessert zu.
Bitte um verbindliche Reservierung bis zum 17.10 unter [email protected]
Preis für das Mittagessen: € 17,-
23.10.2024, 19:00 Uhr, St.-Michaels-Kirche
DER ST.-MICHAELS FRIEDHOF ALS PARADIESGARTEN
Die Neugestaltung des St.-Michaels Friedhof als Paradiesgarten
nimmt immer konkretere Formen an. Was soll zukünftig am Friedhof erblühen? Gibt es Gemeinschaftsgräber? An diesem Abend erfahren wir, was es um den Traum vom „Paradiesgarten“, in dem Lebensfreude und die Trauer um Verstorbene eins werden, Neues gibt.
25.10.2024, 17:00 Uhr, Kirchplatz
INEGÜXLA – HÄUSLE MOSAIK
Was sind die Besonderheiten des Rankweiler Kriegerdenkmals?
Welche Besonderheiten weißt es auf?
Historikerin Margarete Zink ist eine der profiliertesten Kennerinnen des Künstlers Martin Häusle. Gemeindearchivarin Stefanie Kollmann-Obwegeser hat sich intensiv mit Hugo Wank und seiner Arbeit beschäftigt. Gemeinsam erläutern sie warum das Rankweiler Kriegerdenkmal in vielen Facetten eine einzigartige
Geschichte und Ausdrucksweise aufzuweisen hat.
30.10.2024, 19:00 Uhr, Mesnerstüble
AUF EIN WORT MIT JOHANNES SPIES
ERINNERN:AT ist das vom OeAD - Österreichs Agentur für Bildung und Internationalisierung - durchgeführte Programm zum Lehren und Lernen über Nationalsozialismus und Holocaust.
Johannes Spies ist Netwerkkoordinator des Programms in Vorarlberg. Er ist Lehrer und Kulturvermittler im Jüdischen Museum Hohenems und hat in zahlreichen Projekten mit Schüler:innen zu regionalen Aspekten der Gedächtniskultur und des Nationalsozialismus in Vorarlberg gearbeitet. Seit 2022 ist Johannes Spies auch Obmann der Johann-August-Malin-Gesellschaft.
An diesem Abend diskutieren wir gemeinsam über das Heldengedenken, bringen persönliche Erfahrungen und Vorstellung ein und nähern uns so verschiedenen Facetten des Erinnerns an.
01.11.2024, 14:00 - 17:00 Uhr,
OFFENES MESNERSTÜBLE ZU ALLERHEILIGEN
Das Mesnerstüble hat zu Allerheiligen geöffnet, es
gibt Kaffee, Kuchen oder natürlich auch ein gutes
Glas Wein, um auf seine liebsten Verstorbenen anzustoßen.
Dabei kann auch die Ausstellung besichtigt
werden.
02.11.2024, 15:00 Uhr, Karmelkloster
STERBEN UND TOD IM KARMELITERORDEN
1964 wurde das Klein-Theresien-Karmel in der Treietstraße 18 in Rankweil eingeweiht. Der Eintritt in den Orden, aber auch der Tagesablauf folgen einem
klaren, strengen Rhythmus. Und so ist es wenig verwunderlich, dass auch beim Ableben und der Beerdigung einer Schwester es gewisse Regeln und Abläufe gibt. An diesem Nachmittag erfahren wir aus erster Hand, welche Gepflogenheiten es bei den Karmeliterorden
gibt. Den Friedhof dürfen wir leider „nur“ auf Fotografien erkunden, dafür bekommen wir Einblicke, die es sonst nur sehr selten gibt.
Aufgrund der begrenzten Kapazitäten vor Ort,
bitten wir um Anmeldung bis 31.10 unter mesnerstueble@
outlook.com
03.11.2024, 16:00 Uhr, St.-Michaels-Kirche
FINKSLINGGS
finkslinggs ist eine Duoformation mit Evelyn Fink-Mennel und Philipp Lingg, die seit 2007 miteinander Musik machen. 2017 wurde das Duo mit dem Kontrabassisten Matthias Härtel zum Trio erweitert.
Speziell für die Kulturfesttage „von den letzten Dingen“ haben sie Lieder zum Sterben, Tod und Gedenken aus dem Alpenraum aufbereitet und führen diese in der St.-Michaels-Kirche erstmals auf.
Tickets unter www.kumscho.com; Preis, € 19,-
04.11.2024, 19:00 Uhr, Mesnerstüble
AUF EIN WORT MIT CAROLA SCHNEIDER
Carola Schneider ist gebürtige Bludenzerin, aber den meisten Menschen auch in Vorarlberg über ihre Tätigkeit als Leiterin ORF-Korrespondentenbüros in Moskau bekannt. Dieses leitete sie seit 2011 - bis ihr und vielen anderen Journalist:innen im Juni 2024 die Akkreditierung entzogen wurde.
Wir sprechen an diesem Abend mit Carola Schneider über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und wie von beiden Seiten versucht wird neue Helden zu schaffen.
Land Vorarlberg
Wir bedanken uns sehr herzlich beim Land Vorarlberg für die besondere finanzielle Unterstützung für die Förderung der Ausstellung KRIEGER | DENK MAL | ANDERS
Stiftung Propter Homines
Die Stiftung Propter Homines unterstützt uns erstmalig für die Umsetzung der Ausstellung KRIEGER | DENK MAL | ANDERS
Wir bedanken uns sehr herzlich!